Klimawissen

Was ist Sektorenkopplung?

Bei der Sektorenkopplung werden die unterschiedlichen Energiesektoren (Strom, Wärme, Mobilität) miteinander vernetzt. Dies gelingt durch direkte Nutzung, etwa von Srom in anderen Sektoren, oder durch Energieumwandlung.

Bei der Energiewende denken viele Menschen an Windräder und Photovoltaikanlagen. Die Sektorenkopplung betrachtet mehr. Denn es geht bei der Energiewende nicht nur um Strom, sondern auch in der Wärmeversorgung und im Mobilitätssektor wird ein Großteil der Energie noch immer aus fossilen Rohstoffen erzeugt. Damit die Energiewende gelingen kann, muss die Umstellung auf erneuerbare Energien in allen Sektoren erfolgen. Dies kann durch den direkten Einsatz erneuerbarer Ressourcen gelingen, zum Beispiel beim Heizen mit Holz. Eine weitere Möglichkeit ist aber auch, erneuerbar produzierten Strom auch in anderen Sektoren, etwa zum Heizen, zu nutzen. In diesem Fall spricht man von Sektorenkopplung.

In Zukunft muss Energie flexibel zwischen allen drei Sektoren ausgetauscht werden können. Strom aus Wind und Sonne, der nicht unmittelbar für Elektrizität benötigt wird, findet Anwendung im Wärme- und Verkehrssektor und kann beispielsweise in Wärmepumpen fließen und Gebäude beheizen. Elektroautos können als kleine Stromspeicher dienen, mit denen wir uns klimafreundlich fortbewegen. Im Gegenzug können Biomasse-Blockheizkraftwerke dezentral Wärme und Strom produzieren, sollte die Stromproduktion aus Wind und Sonne einmal zu stark schwanken. Sektorenkopplung ermöglicht es auch, erneuerbar erzeugten Strom langfristig zu speichern. Es wird nach verschiedenen Technologien unterschieden.

Power-to-X

Power-to-X bezeichnet die Gesamtheit der Technologien zur Nutzung von erneuerbarem Strom in anderen Energiesektoren oder zur Speicherung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien. Das können Verfahren sein, in denen Ökostrom in chemische Energieträger zur Stromspeicherung umgewandelt wird, in strombasierte Kraftstoffe zur Mobilität oder in Rohstoffe für die Chemieindustrie. Power bezeichnet die über dem Bedarf liegenden zeitweisen Stromüberschüsse und X steht für die Energieform (z.B. Power-to-Fuel) oder den Verwendungszweck (Power-to-Heat). Häufig gibt es Überschneidungen.

Power-to-Gas

Deutschland verfügt über eine gut ausgebaute Gas-Infrastruktur.

Aus überschüssigem erneuerbaren Strom werden so genannte Energiegase erzeugt. Dies gelingt durch Elektrolyse von Wasser und Aufspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff. Entweder kann der Wasserstoff direkt als Energiequelle, zum Beispiel in einer Brennstoffzelle, genutzt werden. Oder er wird durch Hinzufügen von Kohlenstoffatomen in einer Methanisierungsanlage zu Methan umgewandelt. Methan ist nichts anderes als Erdgas, nur noch reiner. Dieses regenerative Erdgas kann in allen Anlagen, die Erdgas verbrennen, verwendet werden - in Gasheizungen, Blockheizkraftwerken und Erdgasautos. Zudem kann Gas problemlos gespeichert und transportiert werden. Die Infrastruktur dafür ist in Deutschland mit einem gut ausgebauten Erdgasnetz bereits vorhanden.

Power-to-Heat

Wärme aus erneuerbarem Strom? Solche Technologien gibt es schon lange. Eine der effizientesten Methoden, um aus Strom Wärme zu erzeugen, ist die Wärmepumpe. Dabei wird Wärme aus der Luft oder dem Erdreich genutzt. Diese Umgebungswärme lässt ein Kühlmittel in einem geschlossenen Kreislauf verdampfen. Ein Kompressor verdichtet das Gas weiter, wobei es sich erhitzt. An einem Wärmetauscher gibt das heiße, komprimierte Gas beim Verflüssigen die Wärmeenergie wieder ab. Für diesen Vorgang benötigt der Kompressor Strom.

So werden durch Nutzung der Umweltwärme aus einer Kilowattstunde Strom mehrere Kilowattstunden Wärme. Wärmepumpen sind daher das Mittel der Wahl, aber nur dann effizient, wenn nicht sehr hohe Temperaturen benötigt werden. Soll es richtig heiß werden, beispielsweise in der Industrie oder für Fern- und Nahwärmenetze, werden Elektrodenkessel verwendet. Das sind große Tanks, in denen Wasser direkt erhitzt wird. Im Unterschied zum Tauchsieder kommen hier keine Heizstäbe zum Einsatz, sondern Elektroden in Salzwasser. Hier kann erneuerbarer Strom direkt in Wärme umgewandelt werden. Anders als bei der Wärmepumpe wird aus einer Kilowattstunde Strom aber nur etwas weniger als eine Kilowattstunde Wärme.

Power-to-Mobility

Bei der Power-to-Mobility-Technologie wird Strom zum Laden von Elektrofahrzeugen verwendet, also direkt im Mobilitätssektor angewandt. Zukunftsmodelle gehen davon aus, dass Batterien in Elektroautos künftig auch als kurzfristige Stromspeicher genutzt werden. Das heißt, dass sie dank intelligenter Regelung überschüssigen Strom aufnehmen, beispielsweise wenn viel Wind weht und die Sonne scheint, und bei Bedarf wieder ins Stromnetz abgeben, wenn nicht genügend erneuerbarer Strom vorhanden ist.

Power-to-Liquids oder Power-to-Fuel

Bei dieser Technologie wird elektrischer Strom in flüssige Kraftstoffe umgewandelt. Diese synthetischen Kraftstoffe oder auch E-Fuels ermöglichen es, auf fossile Kraftstoffe zu verzichten und mit herkömmlichen Antriebsmaschinen klimaneutral unterwegs zu sein. Bei der Herstellung von synthetischen Kraftstoffen werden chemische Verfahren eingesetzt, die zum Teil seit Jahrzehnten bekannt und gut entwickelt sind. Mittels Strom aus erneuerbaren Energien wird in einer Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Der Wasserstoff wird dann in weiteren Synthese-Schritten zusammen mit Kohlenmonoxid oder -dioxid in Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Die Kohlenwasserstoffe können durch Raffinerieprozesse zu handelsüblichen Brenn- und Kraftstoffen sowie Chemikalien weiterverarbeitet werden.

Hemmnisse der Sektorenkopplung

Die Sektorenkopplung bietet enorme Chancen für die Energiewende, die aktuelle Gesetzgebung birgt aber auch viele Hemmnisse. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) empfiehlt als erste Schritte die Flexibilisierung des Umlagensystems, um den Einsatz von Strom in anderen Sektoren wettbewerbsfähig zu machen. Gleichzeitig wäre die Abschaffung der inflexiblen Stromsteuer ein wichtiger Schritt. Auch Wettbewerbsverzerrungen zwischen konventionellen Energieträgern und Erneuerbaren Energien im Strom- und Wärmesektor hemmen die Entwicklung der Sektorenkopplung. Branchenvertreter fordern die Einführung eines einheitlichen CO2-Preises.

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Veränderte Luftströmungen im Umfeld von Windparks führen zu einer stärkeren Durchmischung der unteren Luftschichten. Dies kann nachts einen räumlich begrenzten Erwärmungseffekt in Bodennähe haben. Diesen Effekt nutzen Obstbauern beispielsweise, um Schäden durch späte Nachtfröste im Frühjahr zu minimieren. Das Klima der bodennahen Luftschichten wird als Mikroklima bezeichnet.

Zum Nachlesen:

Lokale mikroklimatische Effekte durch Windkrafträder, Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, 2020

In einer Studie des Umweltbundesamtes wurde die Energy Payback Time, also die energetische Amortisationszeit, von Windenergieanlagen untersucht. Sie lag zwischen 2,5 und 11 Monaten.

Zum Nachlesen:

Abschlussbericht Umweltbundesamt (UBA), Mai 2021: „Aktualisierung und Bewertung der Ökobilanzen von Windenergie- und Photovoltaikanlagen unter Berücksichtigung aktueller Technologieentwicklungen"